4.10.07

Interview mit Maggie Shayne

Pünktlich zum Oktober, dem Halloween-Monat, bringt MIRA drei paranormale Liebesromane heraus, die in den USA bereits große Erfolge feiern konnten. Neben den aktuellen Blutsbande I: Die Verwandlung von Jennifer Armintrout und Wie angelt man sich einen Vampir? von Kerrelyn Sparks, hat man beim Verlag ein altes Schätzchen ausgegraben. Fast 15 Jahre nach der Erstveröffentlichung in den USA erscheint Fantasien der Nacht von Maggie Shayne. Die Autorin widmete sich den Paranormals, lange bevor diese populär wurden, und kreierte eine Serie um Vampire, deren Leben unter den Menschen und ihre Suche nach der ihnen vorbestimmten Liebe, Jahre bevor Christine Feehan mit ihren Karpatianer-Romanen auf den Markt kam. Wir sprachen mit Maggie Shayne anlässlich der Veröffentlichung des ersten Bandes der „Wings in the Night“-Serie in Deutschland.


Ihr Start ins Erwachsenenleben war nicht gerade einfach. Schwanger mit 16 im ländlichen New York zur damaligen Zeit, wie war das für Sie?

Natürlich war es nicht einfach, in so frühen Jahren schon Mutter zu werden. Ich war sogar erst 15. Aber ganz ehrlich, ich habe es geliebt. Ich bin in meinen Töchtern regelrecht aufgegangen, sie wurden zum Wichtigsten in meinem Leben. Ich würde nichts ändern wollen, wenn ich noch einmal von vorn beginnen könnte. Als das letzte Kind erwachsen und flügge wurde und das Nest verließ, habe ich mich schon zuweilen gefragt, was ich jetzt mit mir anfangen sollte. Die Mädchen großzuziehen war das Beste und Erfüllendste, was ich je gemacht habe.

Jetzt, wo sie alle erwachsen und aus dem Haus sind und ich das erste Mal allein bin, hole ich ein bisschen die Kindheit nach, die ich nie hatte. Ich reise, entdecke, experimentiere, probiere neue Sachen aus und habe sehr viel Spaß dabei.


Manch einer hätte Ihre Situation als ein Hemmnis empfunden. Sie haben nicht nur eine glückliche Familie darauf aufgebaut mit ihrem Mann und den fünf Töchtern und jetzt schon mehreren Enkeln, Sie wurden noch dazu eine erfolgreiche Schriftstellerin. Wer hat Sie auf Ihrem Weg unterstützt?

Mein Ehemann hat mir schon sehr geholfen. Und obwohl wir heute geschieden sind, werde ich immer dafür dankbar sein. Die größte Unterstützung und Ermutigung außerhalb der Familie habe ich jedoch von Autorinnen erfahren, die über die Jahre zu meinen engsten Freunden wurden. Die schwierigen Momente hätte ich ohne sie nicht meistern können.


Lesen Ihre Familienmitglieder Ihre Bücher? Wenn ja, sind sie strenge Kritiker, oder sind sie voreingenommen?

Meine Töchter lesen alle meine Bücher und lieben sie. Meine Großmutter, Tanten und Cousinen lesen sie auch und haben nie kritische Anmerkungen gemacht. Sie haben nichts als Lob für meine Arbeit übrig.


Als Sie mit dem Schreiben begannen, haben Sie sich einen Job gesucht, um 50 Dollar für eine Schreibmaschine zu verdienen. Was bedeutet sie Ihnen, und haben Sie sie noch?

Die Schreibmaschine funktioniert schon lange nicht mehr, aber ich habe sie behalten. Sie erinnert mich daran, was man erreichen kann, wenn man es nur will und sich dafür anstrengt.


Wie und wann sind Sie auf Wicca gestoßen, die Religion, die Sie ausüben. Erzählen Sie uns etwas über diesen Glauben.

Ich kam 1993 mit Wicca in Berührung, kurz nach Veröffentlichung meines ersten Romans. Ich war zugleich schockiert und überrascht zu erfahren, dass der Glaube, von dem ich annahm, ich hätte ihn ganz für mich allein erfunden, einen Namen und Tausende Anhänger hatte. Wicca hat sehr wenig mit Doktrinen zu tun. Es geht mehr darum, sich auf die Natur auszurichten, mit ihr im Einklang zu leben und dem eigenen Glück zu folgen. Man tut, was einen glücklich macht, und weiß, dass Glücklichsein ein Zeichen dafür ist, auf dem richtigen Weg zu sein, bei Unglücklichsein ist man es nicht. So passt man sich an. Die einzige Regel lautet „Tue nichts und niemandem weh“. Der Glaube geht einher mit der Macht der Magick, der Vorstellung, dass wir unsere eigene Wirklichkeit erschaffen. Als ich den Film „The Secret – Das Geheimnis“ sah, habe ich hinterher gesagt: „Das ist kein Geheimnis. Das ist, was wir Hexen schon immer gemacht haben.“ Das Gesetz der Anziehung bzw. Resonanz ist das Herzstück unseres Glaubens. Wir erschaffen das, auf was wir unsere Aufmerksamkeit richten, zum Guten oder zum Schlechten. Den einzigen Gradmesser, den wir brauchen, ist darauf zu achten, wie man sich fühlt.


Was dachten Sie, als Sie erfuhren, dass Ihr 15 Jahre alter Roman in Deutschland veröffentlicht wird?

Ich war begeistert zu erfahren, dass eine ganz neue Lesergruppe jetzt in der Lage sein wird, erstmals Zugang zu der Geschichte zu bekommen. Jetzt, da das Buch herauskommt, werde ich es wieder lesen und versuchen, die Gefühle der neuen Leser nachzuempfinden. Es bringt mir die alte Begeisterung zurück.


Obwohl “Twilight Phanasies”, die Originalausgabe von “Fantasien der Nacht”, ursprünglich 1993 erschienen ist, ist der Roman nicht gealtert – ganz wie die Vampire in Ihren Geschichten. Wie schwer ist es, ein Buch zu schreiben, das nach mehr als einem Jahrzehnt noch immer so frisch wirkt? Viele andere Liebesromane aus den 80er und 90er Jahren scheinen heute ziemlich unmodern.

Ich habe das Buch nicht mit der Intention geschrieben, dass es nach 15 Jahren immer noch so frisch daher kommt. Der Gedanke ist mir nie gekommen. Es war schlicht eine Geschichte, die in mir brannte und erzählt werden wollte. Ich schrieb sie genau so, wie sie mir eingegeben wurde. Dass sie nach einer so langen Zeit noch nicht veraltet ist, verdanke ich eher meiner Muse als einer kalkulierten Planung. So etwas kann man auch nicht planen, finde ich. Es ist ein Phänomen, und ich bin dankbar, dass es mir widerfahren ist.
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Sie hatten ursprünglich nicht vor, eine Serie zu schreiben, als sie mit „Fantasien der Nacht“ begannen. Inzwischen gibt es mehr als 10 Teile. Wie kam es dazu?

Ich schreibe gerade den 15. Band. Als ich damals das Manuskript zu “Fantasien der Nacht” bei meiner Lektorin einreichte, hatte Roland, der Freund des Helden, eine viel größere Rolle in der Geschichte. Die Lektorin riet mir, seine Szenen zu kürzen und den Fokus auf Held und Heldin der Geschichte zu belassen. Sie merkte aber gleichzeitig an, Roland könne eine so starke Figur sein, die ein eigenes Buch tragen könnte. Und das war er wirklich. Als ich ihn mit Rhiannon zusammenspannte, die stärkste Figur, die je meiner Feder entsprungen ist, wusste ich, die Serie würde immer weiter gehen. Sie hat das Ruder übernommen und konnte nicht zum Schweigen gebracht werden. Viele Geschichten innerhalb der Serie kommen durch sie zu mir. So, als ob sie mir einflüstert, worüber ich als nächstes schreiben soll. Sie taucht auch oft in diesen Büchern auf. Seit „Fantasien der Nacht“ sind ganze Generationen aufgetreten. Jameson Bryant, der kleine Junge aus dem ersten Buch, wurde erwachsen, fand seine eigene Heldin, und sie bekamen eine Tochter. Die Tochter, Amber Lily, wurde ebenfalls erwachsen und bekam einen Helden und ein eigenes Buch. Die Reihe hat sich über die Jahre stetig erweitert.


Sie schreiben sehr vielfältig, von Contemporarys über Romantic Suspense zu Paranormals, früher sogar Drehbücher für Fernseh-Seifenopern. Stets gibt es jedoch einen romantischen Einschlag. Können Sie sich vorstellen ein Buch zu schreiben, in dem Liebe überhaupt keine Rolle spielt?

Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Für mich wäre eine Geschichte, in der eine romantische Beziehung keine große Rolle spielt, einfach nicht erfüllend.


In den frühen 90ern, als Sie erstmals veröffentlicht wurden, waren Paranormals noch äußerst exotisch. Heutzutage sind sie eines der angesagtesten Subgenres im Bereich der Liebesromane und beginnen langsam und unaufhaltsam auch den deutschen Markt zu erobern. Wie bewerten Sie die Entwicklung, dass im Moment fast jeder versucht, in dem Genre einen Fuß in die Tür zu bekommen?

Das ist ein ganz natürlicher Prozess bei den Kreisläufen und Trends in der Unterhaltungsliteratur. Paranormals werden eine zeitlang ganz heiß sein, dann wird die überschwängliche Begeisterung langsam abebben und einem neuen Trend Platz machen. Und auch da wird es wieder genug Autoren geben, die nur auf den neuen Zug aufspringen wollen. Ich schreibe in dem Genre, weil ich es liebe. Ich habe schon Paranormals geschrieben, als ich sie noch nicht bei Verlagen unterbringen konnte, ich schreibe sie jetzt, wo sie so gefragt sind und sich fast wie von selbst verkaufen, und ich werde sie auch noch schreiben, wenn sie nicht mehr der letzte Schrei sind. Paranormals sind das, was ich am besten kann.


Wie sind Sie auf die Idee zu „Fantasien der Nacht“ gekommen?

Zunächst war es eine Kurzgeschichte, die immer mehr gewachsen ist. Ich mochte schon immer Vampirgeschichten und Vampirfilme, besonders die alten Dracula-Klassiker. Ich wollte immer selbst in dieser Welt mitspielen, um die Geschichten so zu erzählen, wie nur ich es könnte. Ich wollte, dass der Vampir am Ende das Mädchen bekommt. Ich habe es gehasst, wenn die Vampire gepfählt oder auf andere Weise vernichtet wurden.


Wie präsent ist Ihnen „Fantasien der Nacht“ heute noch? Sie haben es schließlich schon vor einer langen Zeit geschrieben.

Das Buch wird immer etwas ganz Besonders für mich sein unter all den Geschichten, die ich geschrieben habe. Es markiert den Beginn einer Serie, die die Leser auf einer bestimmten Ebene berührt hat, wie es nur sehr selten geschieht. Mich hat es auf dieselbe Weise berührt. Die Charaktere sind für mich äußerst real, und sie begleiten mich bei allem, was ich schreibe.


Eric und Tamara sind Seelenverwandte, füreinander bestimmt. Glauben Sie auch im richtigen Leben an dieses Konzept?

Ich glaube, jeder von uns bestimmt seine eigene Wirklichkeit. Wenn jemand daran glaubt, dass es eine Person gibt, die für sie bestimmt ist und mit freudiger Erwartung fest daran glaubt, dieses Gegenstück zu finden, dann wird das auch geschehen. Wenn jemand an einen Seelenverwandten glaubt, aber nur beklagt, ihn noch nicht gefunden zu haben, dann wird alles, was sie erfahren werden, der Mangel sein. Wer gar nicht an einen Seelenverwandten glaubt, wird ihn auch nicht finden. Es ist also sehr individuell.


Tamara wird ihr normales Leben aufgeben müssen, wenn sie mit dem Mann, zu dem sie sich hingezogen fühlt, zusammen sein will. Das ist ein hoher Preis für die Liebe. Eric muss das wirklich wert sein. Wie würden Sie Ihren Held und Ihre Heldin beschreiben und die Opfer, die sie für einander bringen?

Meiner Meinung nach ist ihre Liebe zueinander mehr wert als alles andere in ihrem Leben. Ich glaube nicht, dass einer der beiden das, was sie für den anderen aufgeben, als Opfer ansehen. Sie greifen eher nach dem, was sie wirklich wollen und was sie glücklich macht.


Es dürfte Menschen geben, die die Aussicht auf ein ewiges Leben sehr verlockend finden. Eric hat aber unter seiner Einsamkeit gelitten. Ein Vampir zu sein, ist also keine so rosige Angelegenheit.

Das ist es nur, wenn der Vampir einen Gefährten oder eine Gefährtin findet, eine Liebe, mit der man die Ewigkeit teilen kann. Die Ewigkeit allein, ohne Liebe, wäre eine Qual.


Die Übersetzung des zweiten Buchs der „Wings in the Night“-Reihe, „Twilight Memories“, wird voraussichtlich im Mai 2008 bei Mira unter dem Titel „Erinnerungen der Nacht“ erscheinen. Es ist die Geschichte von Roland und Rhiannon. Was prädestinierte die beiden, zu Protagonisten in der Fortsetzung aufzusteigen?

Das sind ja fantastische Neuigkeiten. Wie ich bereits erwähnte, war Roland im ersten Band eine wichtige Figur für mich. Ich musste den Raum, den er einnahm, drastisch kürzen und für ein eigenes Buch aufheben. Im Grunde war es aber Rhiannon, die mich wirklich gefangen nahm und mich seitdem nicht mehr losgelassen hat. Ich wollte sie ursprünglich zur Schurkin der Geschichte machen, aber meine Lektorin erkannte gleich, welches Heldinnenpotential in ihr steckte. Rhiannon hat mir ihre Geschichte quasi diktiert, und sie spricht meine ganze Karriere hindurch mit mir. Ich habe das Gefühl, sie ist ein beständiger, tiefer Teil von mir selbst. Ein Teil meines Wesens, mit dem ich erst in Kontakt kam, als ich ihrer Stimme zugehört habe.


Wie geht die Serie weiter? Werden wir wieder auf Eric und Tamara treffen und etwas über ihr gemeinsames Leben erfahren?

Wir werden noch öfter auf Eric und Tamara treffen. Sie tauchen in vielen der „Wings in the Night“-Büchern auf und spielen eine wichtige Rolle in Jamesons und Angelicas Geschichte (Born in Twilight) sowie im Buch von deren Tochter Amber Lily (Edge of Twilight).


Wie sieht die Zukunft der Reihe in den USA aus? Wird es weitere „Wings in the Night“-Bücher geben?

Der nächste Band wird in den USA im Dezember erscheinen, danach folgen zwei weitere Bände im Mai und Oktober 2008. Wir, der Verlag und ich, verwenden bei diesen drei Büchern nicht mehr „Twilight“ im Titel, weil es für die Leser langsam verwirrend wird und wir die Verwechslungsgefahr vermeiden möchten. Außerdem wird eine ganz neue Vampirgruppe eingeführt. Und ja, ich beabsichtige weiter an der Serie zu schreiben, solange die Leser so viel Freude daran haben und die Figuren zu mir kommen und mir ihre Geschichten einflüstern. Die Serie beinhaltet zurzeit folgende Bände:

TWILIGHT PHANTASIES – Fantasien der Nacht
TWILIGHT MEMORIES – Erinnerungen der Nacht (Mai 2008)
TWILIGHT ILLUSIONS
BEYOND TWILIGHT (Teil einer Anthologie)
BORN IN TWILIGHT
TWILIGHT VOWS (Teil einer Anthologie)
TWILIGHT HUNGER
RUN FROM TWILIGHT (Teil einer Anthologie)
EMBRACE THE TWILIGHT
EDGE OF TWILIGHT
BLUE TWILIGHT
PRINCE OF TWILIGHT
DEMON'S KISS (Dezember 2007)
LOVER'S BITE (Mai 2008)
ANGEL'S PAIN (Oktober 2008)


Die Webseite der Autorin ist zu finden unter www.maggieshayne.com

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