7.2.07

Rowena Cherry über "Insufficient Mating Material"

Kürzlich fragte mich mein Lektor: „Rowena, schreibst du gerne Sexszenen?” (Das war zu einem Zeitpunkt, bevor ich den Coverentwurf für Insufficient Mating Material gesehen hatte.) Bei solchen Fragen bin ich zwiegespalten. Die Antwort lautet Ja und Nein. Im Übrigen spreche ich lieber von Liebesszenen.

In Liebesromanen gibt es üblicherweise Sex. Wie im richtigen Leben ist er Teil der wichtigsten Geschichte im Leben eines Menschen. Andererseits gibt es auch hervorragende Liebesromane, die gänzlich ohne explizite Beschreibungen dessen auskommen, was hinter geschlossenen Schlafzimmertüren geschieht. Georgette Heyers Regencys und ihre im Georgianischen Zeitalter spielenden Bücher fallen mir da ein.

Ich schreibe gerne Liebesszenen (oder Sexszenen), in denen etwas fürchterlich schief geht – ich habe einen verdorbenen Sinn für Humor – oder die zumindest nicht so verlaufen, wie der Held sie geplant hatte, ob er nun Mensch oder Außerirdischer ist. Ich vergreife mich aus offensichtlichen Gründen am Helden. Er ist eher geneigt, seine Gelassenheit zu verlieren und sauer zu werden, wenn er den Keuschheitsgürtel der Heldin nicht aufbekommt oder wenn ihre geliebte Katze seine Ausstattung mit einer komisch aussehenden Maus verwechselt oder die Filmcrew aus dem Belüftungsschacht fällt oder das Gleitgel Farbe enthält, die hinterher nicht abgeht.

Welchen Zweck haben Liebesszenen in Science-Fiction-Romanen oder Futuristics eigentlich – mal abgesehen von ihrer Wirkung auf die Charaktere, die Protagonisten zu ärgern und den Plot voranzutreiben? Befreiende Komik? Ganz sicher. Aber aus meiner Sicht ist körperliche Liebe, die beiden Befriedigung verschafft, noch kein Beweis für das Happy End. Und ich möchte meine Bücher nicht mit einem solchen Höhepunkt enden lassen. Das stellte sich durchaus als gut heraus, als ich den Coverentwurf sah.

Was ich für ein Problem mit dem Cover hatte? Nun, es sieht schon toll aus. Ich habe mir sagen lassen, dass Männern dabei so etwas wie Verdammt in alle Ewigkeit in den Sinn kommt und dass Frauen denken, es sei sexy. Außer, sie hatten schon mal Sex am Strand mit anrollenden Wellen bei Flut. In dem Fall erzählen sie eher vom Sand.

Ich bin da vielleicht etwas eigen, aber wenn ich ein Buch lese, erwarte ich, dass die auf dem Cover dargestellte Szene auch im Roman vorkommt. Sonst fühle ich mich veräppelt. Wenn lediglich irgendwelche Gegenstände abgebildet sind, ist das nicht weiter schlimm. Obwohl, wenn es ein Bild eines Juwelen besetzten Dolchs und eines Spitzentaschentuchs ist, erwarte ich schon, dass diese Dinge in der Geschichte eine wichtige Rolle spielen. Deshalb wusste ich, als ich das „Strandsex“-Cover für „Insufficient Mating Material“ gesehen hatte, dass ich nicht umhin kam, eine solche Szene einzufügen. Dabei hatte ich angenommen, es gäbe schon genug Sex im Buch.

Außerdem würde es gar nicht leicht sein, die Szene unterzubringen. Es gab nur eine Stelle in der Geschichte, in der die Haare der Heldin diese Länge und Farbe aufwiesen, etwa hundert Seiten mit doppeltem Zeilenabstand vor dem Ende – ausgerechnet als der Strand unpassenderweise mit wenig ansehnlichen Leichen von außerirdischen Attentätern übersät war. Und dann gab es noch das Problem mit der Heldin. Meine Heldin, Prinzessin „Marsh“, ist schüchtern, auf ihre Privatsphäre bedacht und sehr modebewusst. Sie trägt ein Korsett. Sand zwischen ihren Zehen ist ein Unding. Und sie mag das Meer nicht. Das Meer ist immer kalt. Natürlich könnte ich einfach schreiben, dass Meer sei warm. Aber damit verändere ich die Welt ... das Klima, die Vegetation, die Tiere, Insekten. Wenn ich das Meer also angenehm warm machte, um darin zu kopulieren, wäre es vermutlich voller Bakterien und Algen. Es würde stinken. Um das zu verhindern, könnte ich jede Menge Salz hinzugeben, da käme dann allerdings das Tote Meer bei raus. Dann wären Held und Heldin verdammt durstig ... oder verrückt.

Zu guter Letzt musste ja auch noch die Welt vor dem mysteriösen Bösewicht gerettet werden. Dieses Herumwälzen in der Brandung konnte nicht der Höhepunkt der Liebesgeschichte sein. Der Sex hier musste die Story voranbringen, er durfte nicht unmotiviert einfach stattfinden. Aber er durfte noch nicht völlig befriedigend sein, denn sonst wäre das Happy End schon garantiert.

Glücklicherweise hatte ich zwei Monate Zeit, um die Szene hinzubekommen und die Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. Da machte ich mit meiner Familie gerade den jährlichen Urlaub am Meer auf der Kanalinsel Guernsey. Und das Wasser war wirklich sehr kalt. Sie wollen wissen, wie oft ich die Passage umgeschrieben habe, bevor ich damit zufrieden war? Mindestens fünfmal. Ob ich glaube, dass es sich gelohnt hat? Ich denke ja. Aber urteilen Sie selbst.

Rowena Cherry
“Insufficient Mating Material” erscheint im Februar 2007