2.4.09

Soundtrack: Kittys Playlist von Carrie Vaughn

Ich bin eine dieser Schriftstellerinnen, die beim Schreiben Musik hören müssen. Ich kann nur schwer abschalten, weil ein Teil meines Bewusstseins immer damit beschäftigt ist, irgendwelche Listen zu erstellen, sich Gedanken um diese Listen zu machen und so weiter und so fort. Habe ich den Herd ausgeschaltet? Was der Hund wohl gerade anstellt? Muss ich mich um die Wäsche kümmern? Ein Klangteppich beruhigt meine dafür verantwortliche Hirnregion, gibt ihr etwas anderes zu tun und lenkt sie von solch profanen Überlegungen ab. So kann ich mich in Ruhe auf meine kreative Arbeit konzentrieren.

Musik bringt mich auch in Stimmung. Ich habe neulich eine Kurzgeschichte geschrieben, die im zweiten Weltkrieg spielt und die einfach nicht flüssig aufs Papier fließen wollte – bis ich all meine Big-Band-CDs rausgekramt und mir fünf Stunden lang Swing angehört habe. Wenn ich Fantasy schreibe, höre ich mir bevorzugt Stücke aus dem Mittelalter oder der Renaissance an. Und Filmsoundtracks inspirieren mich, wenn ich mit großen mitreißenden Geschichten zugange bin.

Als ich mein erstes Buch über meine Heldin Kitty geschrieben habe, hörte ich mir dabei sehr unterschiedliche Musikrichtungen an, größtenteils Rock und Alternative. Wie gewöhnlich blieb die Musik im Hintergrund und hielt mich davon ab, meine Gedanken abschweifen zu lassen. Gelegentlich stach jedoch ein Song hervor, der perfekt zu der Stimmung passte, die ich in einer bestimmten Szene vermitteln wollte. Dann saß ich ganz aufrecht in meinem Stuhl mit einem großen Grinsen im Gesicht und tippte doppelt so schnell wie sonst. Diese Lieder notierte ich mir. „Just a Girl“ von No Doubt und „When I Grow Up“ von Garbage gehören dazu. Da Kitty Radiomoderatorin ist, ergab es Sinn, dem Buch eine Playlist hinzuzufügen.

Seit damals suche ich stets nach Songs, die rüberbringen, worum es in den Kitty-Büchern geht, entweder wegen ihrer Stimmung, ihrer Texte, ihrer Emotion oder einfach wegen des Gefühls, das sie bei mir auslösen, wenn ich zuhöre. Ich habe Instrumentalstücke, Klassik (Bachs „Schafe können sicher weiden“ ist ein Favorit von mir), Oldies, Jazz und alles dazwischen in meinen Playlists untergebracht. Es gibt darunter große Hits und Obskures. Gerade habe ich die siebte dieser Wiedergabelisten zusammengestellt, die fast 100 Songs umfasst. Ich finde, das ist eine ziemlich gute Bibliothek!

Für „Die Stunde der Vampire“ (Kitty Goes to Washington) gab es jede Menge naheliegende Songs, weil das Buch eine Art Politthriller ist. Ich habe Peter Gabriels „Games Without Frontiers“, „Know Your Rights“ von The Clash und Pink Floyds „Us and Them“ eingebunden. Aber ein paar Lieder sprangen schlicht durch den reinen Spaß, den sie vermitteln, heraus. Im Roman ist Kitty allein unterwegs und zelebriert ihre Unabhängigkeit. „Kiss“ von Prince und “Doctor Jones” von Aqua sind Lieder, bei denen ich mir vorstelle, wie Kitty Washington D.C. entdeckt und dort neue Freunde findet. „Across the Universe“ von den Beatles, besonders die akustische Version, passt gut zum Ende des Buchs.

Einige meiner Lieblingslieder sind solche, die Geschichten erzählen – nicht unbedingt im wörtlichen Sinne, sondern indem sie Stimmungen und Gefühle heraufbeschwören, die mich an einen anderen Ort versetzen und meine Phantasie beflügeln, so wie auch Bücher das tun. Vielleicht sind die Kitty-Bücher für mich auch deshalb nur mit einer beigelegten Playlist komplett.

Carrie

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Carrie Vaughn: Die Stunde der Vampire

Paranormal
CARRIE VAUGHN
Die Stunde der Vampire
Kitty goes to Washington (inkl. Kitty Meets the Band)
Heyne, TB, 12,00 EUR

Nachdem sie ihr Rudel in Denver verlassen hat, tingelt Kitty Norville mit ihrer nächtlichen Radioshow „Midnight Hour“ durchs Land. Als ihr Anwalt Ben O’Farrell sie informiert, dass sie zu einer Senatsanhörung vorgeladen wurde, macht sich die Werwölfin auf den Weg nach Washington, D.C. Kaum eingetroffen lädt die Gebieterin der Stadt, die Vampirin Alette, sie mit Nachdruck ein, bei ihr zu wohnen. Fortan kann Kitty keinen Schritt mehr unbeaufsichtigt tun. Eines Abends kann sie ihre Überwacher auf einer Party jedoch abschütteln und trifft auf den Werjaguar Luis. Kitty ist fasziniert von einer ihr bislang unbekannten Welt aller Arten von Lykanthropen, in die er sie einführt, und von Luis selbst. Noch mehr beschäftigt sie aber der Ausschuss, bei dem sie auch einen alten Bekannten wiedersieht, den Jäger Cormac. Kittys Aussage verzögert sich, und der Vollmond naht.

Mit „Die Stunde der Vampire“ schlägt Carrie Vaughn das zweite Kapitel um ihre Heldin Kitty auf. Die Ich-Erzählerin hat einschneidende Veränderungen durchgemacht, da sie sich nun als Streuner allein durchschlagen muss. Sie wirkt taffer und als Werwölfin gereifter. Das Zusammenspiel alter und neuer Bekannter funktioniert einwandfrei. Einige lose Fäden aus dem ersten Band werden aufgegriffen und zum Teil nun abgeschlossen. Andere Erzählstränge bleiben offen und bieten noch reichlich Stoff für die Fortsetzungen. Das politische Intrigenspiel, in das Kitty gerät, zieht sich anfangs etwas hin. In der zweiten Hälfte des Buches nimmt die Handlung aber rasant an Fahrt auf und sorgt dabei auch für handfeste Action und ein leidenschaftliches, wenn auch kompliziertes Liebesleben für Kitty, das nicht alle romantischen Träume erfüllt. Als netter Bonus wurde an den Roman noch die Kurzgeschichte „Kitty trifft die Band“ angehängt. (TD)

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